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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Treffen mit Trump Diese Aussage von Merz war entscheidend
Mit Spannung war das Aufeinandertreffen zwischen Friedrich Merz und Donald Trump erwartet worden. Ein Experte bewertet den Auftritt des Kanzlers positiv, bemängelt aber eine Sache.
Im Vorfeld wurde viel über das erste Treffen von Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump diskutiert. Wie intensiv hat sich Merz vorbereitet? Werden Trump und sein Vizepräsident JD Vance den Kanzler angreifen wie andere Politiker? Wie impulsiv wird Merz reagieren?
Nach dem Treffen ist klar: Viele der Sorgen waren offenbar unbegründet. Dominik Tolksdorf, USA-Experte von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, resümiert bei t-online: "Grundsätzlich schien Trump eher wohlwollend gegenüber Merz."
"Merz konnte Trumps Rachefeldzug live miterleben"
Demnach hatte es Trump dieses Mal offenbar nicht auf einen offenen Streit angelegt – ganz im Gegensatz zum Aufeinandertreffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Stattdessen hatte Trump dieses Mal einen ganz anderen Fokus. Trump habe viel Zeit damit verbracht, gegen die Biden-Regierung zu wettern und seine These auszubauen, dass Biden zuletzt nicht mehr in der Lage war, selbst zu regieren, betont Tolksdorf.

Zur Person
Dominik Tolksdorf ist Associate Fellow bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Dort beschäftigt er sich mit den USA und den transatlantischen Beziehungen. Zuvor arbeitete er als Programmleiter für Außen- und Sicherheitspolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington, D.C.
Der Kanzler stand deshalb über weite Teile des Gesprächs nicht im Mittelpunkt. "Merz konnte in dem Pressegespräch also live miterleben, wie Trump seinen persönlichen Rachefeldzug gegen die Demokraten weiter vorantreibt", resümiert der Experte. Auch um Trumps Ex-Berater Elon Musk drehte sich das Gespräch, nachdem sich der Tesla- und X-Chef vom Präsidenten abgewandt hatte.
- In diesem Moment hätte es kippen können: Lesen Sie eine Analyse zu dem Treffen von Merz und Trump
Allerdings war Merz nicht nur passiv. Nach Tolksdorfs Ansicht konnte der Kanzler auch einen entscheidenden Punkt machen: "Wichtig war, dass Merz klargestellt hat, dass Russland in der Ukraine der Aggressor ist, der auch vor der Bombardierung der Zivilbevölkerung nicht zurückschreckt, und dass es in dieser Frage keine Zweideutigkeit gibt – und damit Trump diplomatisch, aber entschieden widersprochen hat."
Merz-Besuch bei Trump: Einen Makel gab es
Für Tolksdorf war das Treffen somit ein Erfolg, auch weil er versichern konnte, dass die Bundesregierung den sicherheitspolitischen Erwartungen der Trump-Regierung im Rahmen der Nato nachkommt. "Merz' Strategie scheint vorerst aufgegangen zu sein." Beim anstehenden Nato-Gipfel im niederländischen Den Haag Ende des Monats scheine ein Eklat zwischen den USA und Europa nun weniger wahrscheinlich. Auch beim Handelsstreit kam es nicht zum Konflikt, Trump zeigte sich offen für Verhandlungen.
Auch andere Beobachter lobten den Auftritt des Kanzlers. Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte etwa: "Besser kann ein Neustart der deutschen Außenpolitik nicht gelingen." Ähnlich äußerte sich der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen: "Friedrich Merz hatte einen souveränen Auftritt im Weißen Haus und konnte einige für Deutschland und Europa entscheidende Punkte ansprechen."
Experte Tolksdorf glaubt: "Für Merz hat sich wahrscheinlich der Eindruck ergeben, dass der Versuch, ein konstruktives Verhältnis zur US-Regierung aufzubauen, vorerst gelungen ist." Allerdings muss sich die Selbsteinschätzung nicht immer mit der tatsächlichen Lage decken. Und so hat Tolksdorf auch einen Kritikpunkt, an dem die Beziehung zwischen den USA und Deutschland nicht weitergekommen ist. So habe sich Trump "zur aktuell wichtigsten Frage", ob Trump die im US-Kongress vorbereiteten Sanktionen gegen Russland unterstütze, nur ausweichend geäußert.
- Anfrage an Dominik Tolksdorf
- x.com: "Post von @sigmargabriel"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa